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Digitale Soziale Arbeit

Kulturwandel durch Technik: 7 Praxistipps für digitales Arbeiten in der Sozialwirtschaft

Manchmal ist Kulturwandel einfach etwas, das passiert. Doch häufig sind Prozesse nötig, die bestimmten positiven Veränderungen auf die Sprünge helfen. Mit der Sozialwirtschaft scheint Kulturwandel auf den ersten Blick nicht viel zu tun zu haben. Wir verraten Euch, warum das nicht stimmt und warum Ihr keine Bedenken vor Veränderungen zu haben braucht.

Kulturwandel - der Begriff lässt in der Sozialwirtschaft ganz unterschiedliche Emotionen aufkommen. Die Einen denken vielleicht:  „Endlich ist es soweit, wir verändern uns“. Andere sehen Wandel möglicherweise als Bedrohung oder zumindest potenzielles Problem, denn Veränderung bringt immer Reibung mit sich.

In immer mehr Organisationen wird das Thema Kulturwandel in Organisationsentwicklungsprozesse eingebunden und im Rahmen anderer Projekte adressiert. Dieser Ansatz ist sinnvoll und kann sehr gut funktionieren. Er hat sich allerdings eher für größere Einrichtungen und Komplexträger bewährt. Kleine Einrichtungen, Vereine oder Beratungsstellen tun sich oft schwer damit, spezielle Organisationsentwicklungsprozesse anzustoßen.

Dazu kommt unserer Erfahrung nach, dass das Wort Organisationsentwicklung in manchen Einrichtungen eher negativ assoziiert ist, da es mit Unternehmensberatung, Effizienz und Kürzungsmaßnahmen in Verbindung gebracht wird. Alles in allem also keine optimalen Voraussetzungen, um das Thema Kulturwandel in Einrichtungen aktiv anzugehen.

In unserer Arbeit beobachten wir jedoch einen Faktor, der massiven Einfluss auf die kulturelle Entwicklung einer Einrichtung haben kann, obwohl auf den ersten Blick vom Kulturwandel gar nicht die Rede ist. Wir sprechen von digitalem Arbeiten, zum Beispiel die Einführung einer App wie Tagea oder Systemen wie Office 365.

Digitales Arbeiten kann Impuls für positiven Kulturwandel sein

Oberflächlich betrachtet hat digitales Arbeiten nichts mit Kulturwandel oder gar Organisationsentwicklung zu tun. In der Praxis zeigt sich jedoch immer wieder, dass eine neue Art der Arbeit und Kommunikation nicht nur schnelleren Austausch und eine erleichterte Dokumentation möglich macht, sondern eben auch Auswirkung auf Teamkonstellationen, Zugang zu Informationen und die Kultur der Einrichtung haben kann.

Ein Praxisbeispiel: Führt ein Träger Tagea ein, wird dadurch die Kommunikation im Team und mit den Angehörigen erleichtert. Auch die Zeitplanung und die Dokumentation profitieren davon. Wenn die Mitarbeitenden die App konsequent nutzen, wird dadurch auch ein höherer Grad an Transparenz erreicht. Transparenz bedeutet hier, dass Informationen für alle Mitarbeitenden leichter zugänglich sind. In vielen Teams beobachten wir dann eine Entwicklung - weg von der klassischen Push-Kommunikation hin zur Pull-Kommunikation.

Mit Push-Kommunikation ist das klassische Rundschreiben per E-Mail gemeint. Beispielsweise verteilt eine Leitungskraft die neuesten Informationen an alle Mitarbeitenden, damit sie informiert sind. Kommt Tagea oder ein ähnliches System zum Einsatz, werden diese Informationen in der App oder im Kommunikationsraum hinterlegt und sind für alle Mitarbeitenden sichtbar (sofern das so gewollt ist). Dadurch sind Mitarbeitende einerseits in der Lage, sich selbst gut zu informieren, andererseits aber auch auf- und herausgefordert, sich selbst mit den Informationen zu versorgen. Sie bekommen die Information nicht mehr zugeschoben (push) sondern müssen sich die Informationen selbst holen (pull).

Wenn sich diese neue Art der Informationsverbreitung und des Informationszugangs etabliert, kann das auch dazu führen, dass der kollegiale Austausch über Teams und Abteilungen hinweg besser wird. Gibt es einen einfachen Weg, die Erfahrung von Kollegen und Kolleginnen abzurufen, Probleme zum Beispiel teamübergreifend zu diskutieren oder nachzufragen, ob andere mit ähnlichen Fällen und Problemstellungen Erfahrungen gemacht haben, wird dieser Weg in der Regel auch aktiv genutzt.

Dadurch findet aktives Wissensmanagement statt, die Erfahrung und das Wissen bleiben nämlich nicht mehr auf ein Team oder eine Abteilung beschränkt, sondern werden in der gesamten Organisation genutzt und sinnvoll verbreitet.

Digitales Arbeiten hat auch kulturelle Risiken

Bisher haben wir uns naturgemäß, wir sind vom digitalen Arbeiten und dem Nutzen gut gemachter Apps überzeugt, auf die Vorteile des digitalen Arbeitens fokussiert. Es gibt allerdings auch Risiken. Eines davon: Führungskräfte, vor allem auf der mittleren Leitungsebene, können sich in ihrer Rolle durch die Veränderungen der Kommunikation und Arbeit angegriffen fühlen. Wenn bisher ein großer Teil der Rolle aus Kontrolle, Verbreitung und Filterung der relevanten Informationen bestand, fällt dieser Teil der Rolle weg. Das kann als Herausforderung empfunden werden.

Wir sehen bei unseren Kunden, dass es im Grunde jedoch eine Chance ist. Denn wenn der administrative Teil geringer wird, bleibt mehr Zeit für die eigentliche Aufgabe: die Führungsarbeit und die Unterstützung der Mitarbeitenden.

Ein anderes Risiko: Mitarbeitende können sich, wenn Systeme und Apps nicht schrittweise eingeführt werden, schnell überfordert fühlen. Denn sie müssen sich jetzt selbst um Informationsbeschaffung kümmern und werden potenziell mit deutlich mehr Informationen versorgt als zuvor. Hier ist es wichtig, dass alle Mitarbeitenden wissen, wie sie die App sinnvoll nutzen und Informationen filtern können. Das bringt uns zu unseren Praxistipps.

7 Praxistipps für digitales Arbeiten als Impuls für den Kulturwandel in der Sozialwirtschaft

Post it auf einem Arbeitstisch, Laptop, Notizblock,Text: Helpful Tips!

Wenn digitales Arbeiten einen positiven Kulturwandel entweder initiieren oder unterstützen soll, ist es entscheidend, dass die Einführung und die Nutzung der digitalen Möglichkeiten und Tools sinnvoll und strukturiert geschehen. Die folgenden 7 Tipps sind essentiell, um den positiven Einfluss digitaler Werkzeuge und Arbeitsweisen sicherzustellen.

1. Genug Zeit für die Einführung nehmen. Es klingt völlig banal, doch wir machen immer wieder die Erfahrung, dass viele Einrichtungen die App oder das System schnellstmöglich einführen wollen und es mit ein oder zwei Schulungen gut sein lassen. Ja, Schulungen sind wichtig, wir unterstützen unsere Kundinnen und Kunden natürlich auch gerne dabei, doch es ist entscheidend, dass sich Einrichtungen danach Zeit nehmen, um weiter über Erfahrungen und Tipps zu sprechen. Bei Bedarf sind auch weitere Schulungsrunden sinnvoll.

2. Das Warum und Ziel klar kommunizieren. Eine der größten Hürden für die positive und sinnvolle Adaption digitaler Tools ist das fehlende Verständnis der Gründe und Zielsetzung. Konkret bedeutet das: Wenn eine App oder ein System eingeführt wird, wenn digitaler gearbeitet werden soll, muss von vornherein klar kommuniziert werden, warum das der Fall ist und was damit erreicht werden soll. Wichtig ist, dass der praktische Nutzen für die einzelnen Mitarbeitenden verständlich und greifbar wird, damit alle Beteiligten wissen, was sie nach der Einarbeitungsphase davon haben. Das erhöht auch die Motivation und Bereitschaft, sich auf diese Einarbeitung einzulassen.

3. Technischen Support sicherstellen. Wenn digital gearbeitet werden soll, muss die Technik funktionieren. Das klingt banal, ist jedoch essenziell und bedeutet, dass Einrichtungen und Träger nicht nur in die Einführung und Schulung, sondern auch in den Support und die Betreuung der Technik investieren müssen. Das Ziel muss sein, dass die Technik so gut funktioniert, dass sie in den Hintergrund tritt und sich die Mitarbeitenden ganz auf ihre Arbeit mit Klientinnen und Klienten konzentrieren können, ohne sich über Hürden und Probleme Gedanken machen zu müssen.

4. Klare Verantwortung ist wichtig. Wie bei jedem essenziellen Arbeitswerkzeug oder Teil der Infrastruktur, sollte auch für das digitale Arbeiten eine klare Verantwortung innerhalb der Organisation vorhanden sein. Idealerweise gibt es eine oder mehrere Personen, die sich komplett oder teilweise auf dieses Thema konzentrieren können und die aktiv die Entwicklung, mögliche Probleme, Chancen, Risiken und Bedarfe im Blick haben. Ziel ist hier sicherzustellen, dass die Einrichtung und der Träger jemanden hat, der oder die in der Lage ist, digitale Bedarfe und Hürden rechtzeitig kommen zu sehen. Dann können sinnvolle Maßnahmen mit genug Vorlauf und ohne Zeitdruck ergriffen werden.

5. Alternativen einstellen. Es klingt hart, ist aber sehr wichtig: Wenn ein neues System oder eine neue Arbeitsweise adaptiert werden soll, muss nach einer gewissen Übergangszeit die Alternative abgeschaltet werden. Es darf und soll beispielsweise keine Doppelstrukturen zwischen Papier und digitaler Dokumentation geben, wo sich das vermeiden lässt. Der Schnitt muss, nach einer ausreichend langen Übergangszeit, klar gezogen werden.

6. Emotionen zulassen und empathisch adressieren. Ja, wir sprechen über Technik und wahrscheinlich denkt der Eine oder die Andere jetzt: „Was haben Emotionen denn mit digitalen Arbeitsweisen zu tun?“ Aus unserer Erfahrung eine ganze Menge, denn wir reden ja nicht nur von Werkzeugen, sondern von Abläufen, die zum Teil seit Jahren und Jahrzehnten in den Abteilungen oder Einrichtungen gepflegt werden. Dazu kommt, dass die Veränderung immer auch ein Stressfaktor sein und als Bedrohung empfunden werden kann. Damit digitales Arbeiten zu einem positiven Impuls für kulturellen Wandel wird, ist es wichtig, die möglicherweise aufkommenden Emotionen zuzulassen, ihnen Raum zu geben und sie dann mit Empathie zu adressieren und ernst zu nehmen. Das bedeutet nicht, vom einmal eingeschlagenen Weg oder der neuen Lösung abzukommen, wenn diese sinnvoll ist. Doch es  bedeutet, die Ängste und Bedenken der Mitarbeitenden aufzugreifen und nach Möglichkeit entsprechend darauf einzugehen, damit sich alle ernstgenommen fühlen und die Bedenken adressiert werden können.

7. Digital ist nicht alles. Unser letzter Tipp mag kontraintuitiv klingen, unserer Erfahrung nach ist er jedoch sehr wichtig. Es geht beim digitalen Arbeiten und bei Digitalisierung nicht darum, alles unbedingt digital zu machen. Wo ein persönliches Gespräch, wo Präsenztreffen oder analoges Arbeiten sinnvoll sind, sollten diese bewährten Methoden und Arbeitsweisen auch beibehalten werden. Das Digitale dient als Ergänzung, zur Vertiefung, als Unterstützung und kann ein Teil der Gesamtkalkulation sein. Im Fokus steht immer, mehr Zeit für die wertvolle Arbeit mit Menschen zu schaffen. Das Digitale ist Baustein dafür, nicht die Lösung aller Probleme. Das sollte klar kommuniziert werden und kann dann Vorbehalte und Ängste, alles werde über den Haufen geworfen, abbauen helfen.

 

Das sind die 7 Tipps, die sich in unserer Arbeit bewährt haben. Konsequent umgesetzt sorgen sie mit dafür, dass digitales Arbeiten zu einem positiven Impuls für kulturellen Wandel wird.

Jetzt sind wir neugierig: Wie sehen Eure Erfahrungen aus und welche Tipps fehlen vielleicht noch? Schreibt uns gerne.

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