Digitale Soziale Arbeit ist niemandem mehr fremd. Vieles läuft über Plattformen und Messenger. Wenn Ihr jedoch eine App einführen wollt, die den Arbeitsalltag erleichtern oder auch den Kontakt zu den Klient*innen einfacher gestalten soll, dann solltet Ihr genau hinschauen. Wie Ihr ein vereinfachtes Lastenheft für die App-Auswahl nutzen könnt, verraten wir Euch hier.
Wenn es daran geht, eine wirklich hilfreiche digitale Anwendung in den Arbeitsalltag sozialer Unternehmen, NGO's, Wohlfahrtsverbände, Vereine oder anderer sozialer Organisationen zu integrieren, reicht es oft nicht aus, einfach etwas auszuprobieren.
Hier geht es um praktische Anwendbarkeit, die sowohl in internen Abläufen funktioniert als auch in der Arbeit und im Austausch mit Klient*innen.
Lösungen gibt es viele, doch jede App hat ihre spezifischen Funktionen und somit werden unterschiedliche Ansätze verfolgt und zahlreiche Problemlösungen angeboten. Nicht jede App passt also auch zu jedem Träger, Arbeitsfeld oder jeder Einrichtung.
Was in Werbespots angepriesen und in höchsten Tönen gelobt wird, ist vielleicht nicht das Richtige für Euch, Euer Team und Eure Klient*innen. Doch sich einfach nur zu fragen "Was sollte die App können?" reicht häufig auch nicht ganz aus.
Ein Blick auf die Organisation, die Arbeit und Anforderungen des Teams sowie - in der Sozialen Arbeit wohl am wichtigsten - die Bedürfnisse der Klient*innen liefert hier die wichtigen Antworten und hilft eine geeignete technische Anwendung zu finden.
Das Zusammenstellen spezifischer Anforderungen an eine Software oder App wird auch als das Aufsetzen eines Lastenheftes bezeichnet. Doch was ist überhaupt ein Lastenheft und wie unterscheidet es sich von seinem Gegenspieler, dem Pflichtenheft?
Nehmen wir einmal an, Euer Träger möchte eine ganz spezielle Software entwickeln lassen, weil es auf dem Markt keine passende Lösung gibt. Bevor sich der Träger an einen Dienstleister wendet, der diese Software entwickeln soll, müssen die Rahmenbedingungen und Leistungsanforderungen geklärt sein. Dafür wird vom Auftraggeber - Eurem Träger - ein Lastenheft erstellt.
Ein Lastenheft vereint alle Anforderungen an ein Produkt oder eine Dienstleistung aus der Perspektive des Auftraggebers. Dabei werden die Anforderungen sehr detailliert beschrieben und umfassen verschiedene Blickwinkel, wie z. B. konkrete Leistungserwartungen, technische Aspekte, Einsatzbereich und andere mehr.
Im Anschluss wird das Lastenheft an einen potenziellen Auftragnehmer gegeben, der auf dieser Grundlage ein Pflichtenheft anfertigt. Das Pflichtenheft erklärt sehr explizit, wie die Lösung für die Anforderungen des Auftraggebers ausehen wird - was genau und wie etwas umgesetzt wird.
Steht das Pflichtenheft und erfährt Zustimmung des Auftraggebers, wird ein Vertrag über die Umsetzung des Projektes unterschrieben und der Arbeitnehmer geht an die Durchführung.
Ein Lastenheft mit den detaillierten Anforderungen an das Produkt aufzustellen, kann viele Hürden schon von vornherein ausräumen. Doch ein Lastenheft zu erstellen kann eine sehr umständliche und nicht immer erforderlich komplexe Angelegenheit darstellen.
Im Projekt- und Qualitätsmanagement ist das Lastenheft ein gängiges Werkzeug. Wenn das anstehende Projekt also einen größeren Umfang hat, würden wir auf jeden Fall dazu raten ein Lastenheft anzulegen. Wie genau ein Lastenheft nach DIN 69901-5 (Standard nach dem Deutschen Institut für Normung) auszusehen hat, könnt Ihr z. B. bei sevdesk nachlesen oder im folgenden Video nachhören.
Bei der Auswahl einer App würden wir Euch jedoch zunächst zu einer vereinfachten Version eines Lastenheftes raten, die wir für Euch in vier Bereiche gegliedert haben und die grundlegende Anforderungen übersichtlich abbildet. Zu jedem Bereich haben wir die wichtigsten Fragen zusammengestellt, die Euch dabei helfen sollen zu erkennen, was Ihr in Eurem Arbeitsalltag wirklich benötigt, welchem Zweck das Ganze dienen soll und vor allem - nicht vergessen - welchen Mehrwert Eure Klient*innen davon haben sollen.
Bevor Ihr Euch an die Beantwortung der Fragen macht, noch zwei Tipps von uns:
1. Involviert in die Beantwortung der Fragen alle Kolleg*innen, die später auch direkt mit der App arbeiten sollen. Ihr werdet schnell merken, dass viele unterschiedliche Anforderungen zusammenkommen werden.
2. Wenn die App auch von Euren Klient*innen verwendet werden soll, vergesst nicht auch sie um Input zu bitten. Führt nach Möglichkeit Umfragen oder Feedback-Gespräche, in denen Ihr explizite Fragen zur Anwendbarkeit, technischen Präferenzen und wünschenswerten Features stellen könnt.
Und folgende Fragen würden wir Euch für die Erstellung eines vereinfachten Lastenheftes empfehlen.
A. Das Ziel stets im Blick
1. Was soll ganz konkret mit der App erreicht werden?
B. Keinen Einsatzbereich vergessen
1. In welchem Bereich soll die App verwendet werden? Ergeben sich daraus schon bestimmte Anforderungen?
2. Werden nur Mitarbeitende mit der App arbeiten oder werden auch Klient*innen die App nutzen?
C. Funktionen von Must- bis Nice-to-Have
1. Welche Funktionen müssen zwingend abgebildet werden können?
2. Welche Arbeitsschritte genau sollen erleichtert werden?
3. Sollen manche Arbeitsschritte komplett automatisiert ablaufen können?
4. Welche technischen Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit die Anwendung reibungslos läuft?
D. Einschränkungen aller Art
1. Gibt es datenschutzrechtliche Bestimmungen, die bestimmte App-Anwendungen von vornherein ausschließen?
2. Lässt die vorhandene Technik die Verwendung bestimmter Software nicht zu?
3. Wird bereits Software verwendet, die mit anderen Anbietern inkompatibel ist?
4. Wie viel Geld steht für die Anschaffung der Anwendung, notwendige Mitarbeitendenschulungen und eventuelle Wartungsarbeiten zur Verfügung?
Noch bevor Ihr Euch auch nur eine App am Markt angeschaut habt, könnt Ihr mit diesem vereinfachten Lastenheft feststellen, was Eure Prioritäten sind. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass die Vorauswahl bereits reduziert wird, da Apps ohne die für Euch notwendigen Funktionen direkt aussortiert werden können. Außerdem merkt Ihr so schnell, ob Eure Anforderungen zu hoch sind oder vor der Einführung technische Veränderungen durchgeführt werden müssen.
Natürlich ist es auch möglich eine App oder Software nach eigenen Anforderungen entwickeln zu lassen - das haben wir ja oben bereits anklingen lassen. Doch hier solltet Ihr Euch immer im Klaren darüber sein, dass die Kosten nicht unerheblich hoch ausfallen können.
Der Vorteil einer solchen Lösung liegt ganz klar darin, dass es ganz genau auf Eure Bedürfnisse und die Bedarfe Eurer Klient*innen zugeschnitten ist.
Sollte dies jedoch trotzdem eine Möglichkeit sein, würden wir Euch wärmstens dazu raten ein umfangreiches und fundiertes Lastenheft zu erstellen. Lasst Euch dabei Zeit und bezieht alle Akteur*innen mit ein, von den Mitarbeitenden über Teamleitung und Chefetage bis hin zu den eigentlich wichtigen Menschen - den Klient*innen. Dann werdet Ihr am Ende genau die richtige App für Euch finden!
Wir hoffen, wir konnten Euch auf dem Weg dahin unterstützen. Bei Fragen und Anregungen stehen wir Euch immer gerne zur Verfügung 😉
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